67 km unterwegs auf der Sauerland-Waldroute

Start in Arnsberg

Es wird mal wieder Zeit für ein kleines Mikroabenteuer, raus aus dem Corona Home-Office Alltag hinein in die tiefen Wälder des Sauerlandes.

Geplant ist eine 2 Tages Tour von Arnsberg bis nach Bestwig durch den Arnsberger Wald.

Vom Bahnhof in Bestwig steige ich erst einmal in den Zug und mache mich auf den Weg nach Arnsberg.

20 Minuten späte stehe ich bepackt mit 12 kg auf dem Rücken am Bahnsteig von Arnsberg und begebe mich voller Vorfreude auf mein knapp 60 km lange Tour.

 

Tag 1 Arnsberg - Schlafplatz (28 km)

Der Markierung der Sauerland-Waldroute folgend laufe ich durch das schöne Städtchen Arnsberg vorbei an historischen Gebäude und erreiche nach einem ersten steileren Anstieg den Wald.

Ich wandere durch einen herrlichen Laubmischwald und so langsam verschwinden die Geräusche der noch nahen Zivilisation, abgelöst durch ein wohltuendes rauschen des Waldes und zwitschern der Vögel.

Nach gut 2 km bekomme ich den ersten Eindruck davon, was mich auf meiner Wanderung erwartet und mich regelmäßig entsetzt, da ich mit diesem Ausmaß an Zerstörung des Waldes nicht gerechnet habe. Ich laufe durch gerodete Waldflächen und kämpfe mich durch Totholz. Für den Wanderer sicher nicht schön, aber für die Natur bietet dieser reichlich Platz an Lebensraum und unterstützt die Entwicklung naturnahen und grüner Laubwälder.

Nach einer kleinen Kaffeepause erreiche ich das kleine Örtchen Breitenbruch. Die nun folgende Strecke in Richtung Möhnesee verläuft parallel zur Bundesstraße B 229 durch eine Waldwüste, bestehend aus Totholz und von schweren Fahrzeugen zerfurchten, matschigen Waldwegen. Alleine das tolle frühlingshaft warme Wetter sorgt für passable Wanderlaune.

Zum Glück werden auch die Wege wieder wanderbarer und in der Ferne erblicke ich das in der Sonne glitzernde Gewässer des Hevesees, einem Teilbereich des Möhnesee und Naturschutzgebiet mit seltenen Tieren und Pflanze.

Hevesee

Während ein Haubentaucher mit dem Kopf voraus in den See abtaucht, überquere ich eine kleine Stauschleuse und erreiche nach gut 12 gelaufenen Kilometern mein erstes Etappenziel, das Torhaus. Hätte dieses historische Fachwerkhaus mit seinem herrlich angelegten Garten und der üppigen Pflanzenpracht, nicht aufgrund von Corona geschlossen, so säße ich jetzt hier bei selbst gemachten Kuchen und einem leckeren Capuccino. Hätte, hätte Fahrradkette. So setze ich mich auf die nächste Bank, krame einen Müsliriegel hervor und genieße bei 20 Grad und Sonnenschein die tolle Aussicht. Könnte schlimmer kommen!!!

Einem Schotterweg durch den Wald folgend, gelange ich zu einem der Wahrzeichen des Möhnesses, den Möhnesee-Turm. Der 42 m hohe Turm verspricht eine fantastische Panoramaaussicht über Wasser, Wald und Wiesen. Allerdings konnte ich mich nicht dazu motivieren die 206 Stufen der Spindeltreppe zu erklimmen. Ganz zu schweigen von meiner leichten Höhenangst, die solche Kletterpartien freiwillig nur ungerne zuläßt.

Möhnesee-Turm

Die nächsten Kilometer geht es auf breiten Schotterwegen durch die letzten noch nicht gerodeten, aber stark vom Borkenkäfer befallenden Fichtenbestände. Immer wieder rappeln LKW durch die ehemalig dichten Wälder des Naturparks voll beladen mit Holz. Die Wegmarkierungen der Sauerland-Waldroute sind mit den Bäumen verschwunden, so dass ich stellenweise mit Navi und Karte meinen Weg suchen muss.

Da mir langsam dass Trinkwasser ausgeht, erhoffe ich mir im kleinen Ort Neuhaus trotz Corona, etwas an Nachschub. Ich überquere die Heve und wandere oberhalb des Ortes entlang eines kleines Waldstückes. Vorbei an einem natürlich geschlossenen Restaurant komme ich zu einem großen Parkplatz mit schön angelegten Picknick Platz direkt am Flüsschen Heve. Die Heve entspringt im Arnsberger Wald und fließt nach 22,3 km in den Möhnesee. Heute dient er mir als Trinkwasserquelle. Ich fülle meine Flaschen auf und führe sicherheitshalber meinen SteriPen für 90 Sekunden durch meine Wasserflaschen. Durch die UV Strahlung sterben Viren und Bakterien ab und fertig ist das saubere Wasser.

Mit klarem Trinkwasser und meinen letzten vorhandenen Vorräten an Teilchen und einem Brötchen genieße ich die idyllische Aussicht, die wärmende Sonne und bin glücklich und zufrieden.

Da mir mittlerweile ein wenig die Schultern schmerzen, würde ich am liebsten noch etwas länger an diesem doch sehr schönen Ort bleiben, aber wir haben schon späteren Nachmittag und ich möchte noch vor Anbruch der Dunkelheit einen Schlafplatz im Wald finden.

Also schultere ich meinen Rucksack und bewältige nach wenigen Metern einen kleineren Anstieg hinein in die tiefen des Arnsberger Waldes. Nach kurzer Zeit wurde aus tiefem Wald wieder das gewohnte Bild abgeholzter Waldflächen und breiter Schotterstraßen.

So langsam mache ich mir ein wenig Sorgen um meinen Nachtplatz, denn die bestehenden Fichtenwaldbestände machten auf mich keinen vertrauenerweckenden Eindruck und da wo kein Wald mehr steht kann ich logischerweise keine Hängematte aufhängen. So sehe ich mich die Nacht schon mitten zwischen Totholz in meinem Biwacksack verbringen, als ich plötzlich mitten durch einen noch recht jungen Laubwald laufe. Der perfekte Wald für eine Nacht.

Ich verlasse den Wanderweg und laufe leicht bergauf etwa 5 Minuten tief hinein in den jungen Buchenwald und finde sofort ein geeignetes Nachtquartier. Wenig später liege ich nach einer heißen Hühnersuppe und einem Müsliriegel in meiner Hängematte. Begleitet vom Ruf einer Eule döse ich so langsam ein und falle in einen ruhigen Schlaf.

Etappe 2 / Schlafplatz - Bestwig (40 km)

Nach einer erholsamen Nacht packe ich meine Sachen zusammen und mache mich gegen 6.30 Uhr wieder auf den Weg. Dabei scheuche ich eine kleine Reh-Familie auf die sofort flüchtend im Wald verschwindet und ein schnelles Foto leider nicht möglich macht.

Die ersten Kilometer verlaufen recht unspektakulär. Ich erreiche den kleinen Ort Lattenberg wo mehrere Schautafeln eindrucksvoll über Flora und Fauna im Arnsberg Wald informieren.

Da mir so langsam das Trinkwasser ausgeht und sich mein Vorrat an Essen auf 4 Müsliriegel beschränkt hoffe ich im nächsten Ort Hirschberg auf eine Einkaufsmöglichkeit. Leider führt der Weg nicht durch den Ort und einen Umweg von knapp 5 km wollte ich nicht in Kauf nehmen. So füllte ich mir an einer kleiner Quelle zumindest die Trinkflaschen wieder auf und machte mich auf in Richtung Warstein.

Wie schon am Tag zuvor machen mir fehlende Wegmarkierungen und verschwundene Wege dass Wanderleben schwer. Ich erreiche das Bilsteintal mit der Tropfsteinhöhle und angrenzendem Wildpark. Da auch hier sämtliche Gastronomie geschlossen ist, suche ich mir einen schönen Platz im Wildpark und beobachte bei Wasser und Müsliriegel Wildschweine und Rothirsch in Ihren Gehegen.

Weiter geht es vorbei an den Gebäuden der Warsteiner Brauerei. Wie gerne hätte ich mir jetzt hier ein kühles Bier genehmigt, aber auch dies unmöglich. Kurz hinter Warstein gabelt sich die Sauerland-Waldroute in eine Nord- und Südschleife. Ich kontrolliere nochmals anhand von Markierung und Karte die korrekte Route und mache mich auf die letzten 20 km Richtung Bestwig.

Die Wege werden nun deutlich besser, die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel und ich befinde mich im richtigen Wanderflow. An der Hubertusquelle fülle ich nochmals meine Wasserflaschen auf und erreiche wenige Kilometer später ein 5-10.000 Jahre altes Hochmoor. Ein kleiner Aussichtspunkt lädt zum verweilen ein. Ich laufe durch einen kleinen Pflanzen-Lehrpfad und erblicke in der Ferne meine nächstes Ziel, den Lörmecke-Turm.

Während ich meinen letzten Müsliriegel verschlinge, spricht mich eine Spaziergängerin an und möchte wissen wohin ich denn des Weges bin. Ich erkläre Ihr kurz meine Tour und dass ich ziemlich entsetzt über den fast komplett gerodeten Wald bin. Die Dame ist begeistert von meiner Wanderung und schildert mir dass hier vor gut 10 Jahren alles noch dicht bewaldet war und sich die Auswirkungen des Klimawandels immer deutlicher bemerkbar machen.

Hochmoor

Die Schilderung der Frau über Klimawandel und Borkenkäfer noch im Kopf, kämpfe ich mich mal wieder durch tote Baumstumpfe und stehe plötzlich vor aufgetürmten Baumstämmen. Ein Weg ist weit und breit nicht zu sehen und wieder einmal bin ich auf die Hilfe meines Navis angewiesen. Nach gut 30 Minuten mehr über Totholz kletternd als wandern bin ich wieder auf einem Weg und sehe wenig später eine Markierungsschild der Sauerland-Waldroute.

So langsam bin ich leicht genervt und die gut 30 zurückgelegten Kilometer spüre ich mittlerweile am ganzen Körper. Ich passiere Eversberg, einem der schönsten Orte im Arnsberger Wald und unter normalen Umstände wäre ich hier auch irgendwo eingekehrt und hätte mir den Ort angeschaut. So genieße ich einfach nur den fantastischen Ausblick auf die ländliche Idylle.

Das nenne ich mal Platz

Mittlerweile laufe ich in einer Art Trance und kann die mich umgebene schöne Landschaft nicht mehr so richtig in mich aufsaugen. Nicht nur die Schmerzen im linken Sprunggelenk und meinen Schultern machen mir das Leben schwer, sondern es bilden sich erste Blasen an den Füßen. Laut Karte sind es noch etwa 5 Kilometer bis zum Bahnhof in Bestwig. Zu allem Überfluss fängt es an zu dämmern, dabei wollte ich mein Ziel deutlich vor Sonnenuntergang erreichen.

Endlich sehe ich in der Ferne die Lichter der Stadt, erkenne allerdings nur noch mit Mühe die Wegmarkierungen. Da ich zu Müde bin den Rucksack abzusetzen um meine Stirnlampe herauszukramen, navigiere ich die letzten beiden Kilometer mit Navigationsgerät. Ich durchstreife ein kleines Wäldchen überquere auf einer Brücke die Ruhr und erreiche nach 13 Stunden und 40 gewanderten Tageskilometern mein geparktes Auto am Bahnhof von Bestwig. Ausgehungert stürme ich den nächsten Supermarkt und versorge mich mit Frikadellen und Brötchen.

Körperlich am Ende, aber überglücklich es geschafft zu haben mache ich mich auf den Weg Richtung Heimat.

Fazit:

Der Abschnitt der Sauerland-Waldroute zwischen Arnsberg und Bestwig hat einiges an Highlights zu bieten, aber leider beeinträchtig heftiger Kahlschlag und fehlende Wegmarkierung ein wenig die Wanderfreude. Es wird noch Jahre dauern bis die Renaturierung des Arnsberger Wald abgeschlossen ist. Wunderschöne Bachtäler, Moore und Seen bieten dem Wanderer vor allem im Frühling und Sommer unvergessliche Wandererlebnisse.