Etappe 1

Der Alemannenweg ist ein 144 km langer Rundweg im südhessischen Odenwald und nicht ganz so populär wie der Neckarsteig und der Nibelungenweg, die beiden anderen Fernwege durch den Odenwald. Alle drei Wege gehören zusammen mit dem Burgensteig Bergstraße zu den Qualitätswanderwegen "Wanderbares Deutschland".

Im Städtchen Erbach mit seinem schönen Ensemble von Fachwerkhäusern und Grafenschloss starte ich zu meiner Wanderung. 6 Tage habe ich für die 144 km lange Strecke eingeplant und überwinde dabei 4.300 Höhenmeter. Meine Ausrüstung wiegt inklusive Getränke ca. 15 kg (mal wieder zu viel) und übernachten werde ich, wenn immer möglich, in meiner Hängematte im Wald.

Das Wetter zum Start passt. Sonne und angenehme Temperaturen. Laut Wetterprognosen soll mir dieses Wetter auch in den nächsten Tagen erhalten bleiben. Nach einer Tasse Kaffee in der wunderschönen Altstadt von Erbach und einem netten Plausch über alte Geschichten und Sagen dieser Region, über die mir mein Tischnachbar und Bewohner Erbachs voller Stolz berichtet, tauche ich erwartungsvoll in die dichten und dunklen Wälder des Odenwalds ein.

Nach kurzer Zeit erreiche ich den Wildpark Brudergrund und laufe vorbei an Gehegen von Damm- und Rotwild. Die Besucherzahlen halten sich trotz des schönen Wetters in Grenzen und ich habe die schönen Aussichtspunkte für mich alleine.

Nun folgen die ersten kleinen Steigungen. Insgesamt werde ich 4500 Höhenmeter auf meiner Tour überwinden müssen. Da mein kleiner Wasservorrat zum Start schon fast aufgebraucht ist, erhoffe ich mir im kleinen Ort Ober-Mossau Nachschub. Fehlanzeige. Die beiden einzigen Läden des Ortes haben ausgerechnet Donnerstags geschlossen. Selbst in der ansässigen Schmucker Brauerei gibt es nichts zu holen. Sehr ärgerlich, da die nächsten 7 km nur durch Wald führen und ich für die Nacht Wasser benötige.

Unterwegs treffe ich mitten im Wald auf die Werbung des Gasthofes Lärmgrund in Rohrbach. Ein kurzer Anruf und 1,5 Stunde später sitze ich bei einer leckeren Rehbolognese und ausreichend zu trinken im Außenbereich des Gasthofes und genieße die warme Abendluft.

Dieser kulinarische Ausflug kostet mich allerdings einen kleinen Umweg von 3 km und so wird es langsam dunkel als ich einen schönen Platz für meine Hängematte gefunden habe und nach 25 Wanderkilometern in den wohlverdienten Schlaf falle.

Etappe 2

Nach einer unruhigen Nacht aufgrund starken Tierverkehrs im Umfeld meiner Hängematte (vor allem Rehe, die mich mit Ihrem Bellen immer wieder aus dem Schlaf rissen) geht es leicht übermüdet weiter auf meiner Tour. In einer kleinen Bäckerei in Beerurth besorge ich mir erstmal einen Kaffee, Brötchen und süßes Gebäck um dann wach und gestärkt den Aufstieg zur Burgruine Rodenstein in Angriff zu nehmen.

Der Weg zur Burgruine führt entlang schöner Wald- und Wiesenwege und bietet herrliche Aussichten auf den Odenwald.

Nach einem kräftezehrenden Aufstieg erreiche ich die wie verzaubert wirkende Ruine Rodenstein. Die Burg wurde 1240 als Trutzburg gegen das Schloss Reichelsheim in den Wald gebaut. Laut einer Sage zieht in Kriegszeiten ein Geisterheer des Rodensteiners um Mitternacht zwischen seinen Burgen umher. Zum Glück haben wir weder Mitternacht noch befinden wir uns im Krieg. Im unterhalb der Burg gelegenen Hofgut Rodenstein gönne ich mir einem kühlen Drink in herrlicher Umgebung.

Es folgt ein langer Abschnitt durch dichten Wald und bei mir stellt sich so langsam eine herrliche innere Ruhe und Entspannung ein. Ich bin im Wanderflow. Nach gut 5 km taucht in der Ferne der Kaisertum auf und bietet mir wenig später einen echt geilen Rundblick über den Odenwald an.

Über urige Waldpassagen geht es vorbei an der Modauquelle in den kleinen Ort Brandau.

Ziemlich abgekämpft erreiche ich nach 32 Tageskilometern das Hotel-Restaurant Kuralpe Kreuzhof. Direkt gelegen am Alemannenweg und umgeben von Wald, Wiesen und Feldern. Nach meiner Nacht in der Hängematte gönne ich mir heute mal den Luxus eines leckeren Abendessens und einem Bett.

Etappe 3

Nach einem sehr leckeren Frühstück geht es weiter auf dem Alemannenweg. Ich wandere vorbei an einem afrikanischen Café und Restaurant und erreiche bald das Lautertal mit dem Felsenmeer. Eine bizarre Felslandschaft aus dunkelgrauem Quarzdiorit und entstanden durch eine besondere Form der Verwitterung von Gesteinen. Laut einer Sage allerdings entstanden die Felsbrocken aus einem Streit heraus zweier Riesen, die sich gegenseitig mit Felsbrocken bewarfen. Angeblich hört man einen davon gelegentlich unter den begrabenen Felsblöcken noch brüllen. Mir gefällt diese Erklärung aus dem Volksmund zur Entstehung des Felsenmeers deutlich besser.

Die Wanderung durch dieses Meer aus herumliegenden Felsen ist schon eine beeindruckendes Naturerlebnis, bedarf allerdings auch einer hohen Achtsamkeit beim Wandern, so dass ich sehr langsam vorankomme. Es folgen lange Waldwegpassagen und der Weg führt stetig bergab. Auch die Zahl der Wanderer und Tagesausflügler nimmt nun ständig zu und wenig später laufe ich durch den lieblichen Landschaftspark Fürstenlager.

Das Fürstenlager idyllisch in einem ansteigenden Seitental des Roßbachs gelegen war ehemalige Sommerresidenz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt an der Bergstraße. Neben einem imposanten Mammutbaum und vielen anderen wunderschön angelegten Gärten, lohnt ein Spaziergang durch dieses kleine Dörfchen mit seinen imposanten Gebäuden. Ein Ort der Ruhe, Stille und des Genießens. Ich bin auf jeden Fall sehr beeindruckt.

Mit etwas Wehmut verlasse ich diesen wunderschönen Ort und wandere durch den kleinen Ort Auerbach bis zur Abzweigung hoch zum Schloß Auerbach. Was folgt ist ein steiler nie enden wollender Aufstieg zum Schloß. Serpentinen mäßig geht es dabei hinauf und mein Schweiß fließt in Strömen. Das ernüchternde dabei, bis zum nächsten Etappenziel in Seeheim sind es noch etwa 12 km und ich bin jetzt schon ziemlich ausgepumpt.

Nach einer Pause am Schloß Auerbach geht es weiter in Richtung Melibokus. Der Melibokus ist der höchste Berg an der südhessischen Bergstraße und Startplatz der Drachenflieger. Belohnt wird der mühsame Aufstieg mit einem grandiosen Blick über den Odenwald.

Die nächsten Kilometer führen mich über die Burgruine Alsbach zu einer kleiner Schlucht die ich durchwandere. Direkt am Wanderweg liegt ein Kneippbecken. Ideal um meine müden und geschundenen Füßen wieder zum Leben zu erwecken. Ich komme ins Gespräch mit einem sehr netten Ehepaar und erfahre vieles über Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung und Geschichten aus dem Odenwald. Danke dafür!! Leicht euphorisch setze ich meinen Weg fort und erreiche bald die im Abenddunst vor mir auftauchende Burgruine Tannenberg. Zu dieser Zeit bin ich vollkommen alleine unterwegs und die Stimmung hat etwas Mystisches.

Die Umgebung der Burgruine wäre ein idealer Platz für eine Übernachtung im Wald, aber da ich mich ziemlich erschöpft fühle und irgendwie keine Lust auf eine Nacht im Wald verspüre (was mir recht selten passiert) gönne ich mir mal wieder den Luxus einer Übernachtung und das dank Online Reservierung zu einem Top-Preis im Lufthansa Hotel Seeheim. Voller Vorfreude erreiche ich gegen 19:45 Uhr das Hotel und kann es kaum erwarten mich auf das leckere Buffet zu stürzen. Dann der Schock an der Rezeption, dass Buffet schließt um 20 Uhr. Zum halben Preis darf ich mir dann aber doch den Bauch mit dem Rest der leckeren Speisen vollschlagen und falle zufrieden und satt in mein Bett.

Etappe 4

Am nächsten Morgen geht es direkt bergauf zur Burg Frankenstein. Schauergeschichten über einen Zauberer, der auf der Burg lebte und aus gestohlenen Leichenteilen Monster erschaffte, inspirierte Mary Shelly angeblich zu ihrem Buch Frankenstein.

Ich mache eine kleine Trinkpause im Burgcafe, bin aber schnell wieder froh, dem Trubel der Touristen entfliehen zu können. Durch Wald, Feld und Flur wandernd erreiche ich mein Tagesziel in Niedernhausen. Unterwegs treffe ich noch einen älteren Herrn, der mit Farbeimer und Pinsel bewaffnet die Markierungen der Wanderwege in Schuss hält. Seit 40 Jahren arbeitet er schon für den ortsansässigen Wanderverein und sorgt dafür, dass wir Wanderer nicht vom Weg abkommen.

Etappe 5

Heute geht auf die vorletzte Etappe meiner Tour. Der sehr anspruchsvolle Fernweg hinterlässt so langsam seine Spuren und ich spüre mittlerweile leichte Schmerzen in rechter Wade und Knie. Nicht gerade förderlich für mein Bein, wenn der Weg zum größten Teil auf Asphalt oder Schotterwegen entlang führt. Zum Glück geht es bald wieder auf angenehmeren Waldwegen weiter. Nach kurzer Zeit öffnet sich der Blick über eine wunderschöne fruchtbare Ebene bis hin zum einstigen Vulkan: dem Otzberg. Nach einem 30 km langen Tagesmarsch erreiche ich mein heutiges Übernachtungsquartier, das den wunderschönen Namen "Dornröschen" trägt. Wie schon Dornröschen in Grimms Märchen falle auch ich wenig später in einen tiefen Schlaf. Mittlerweile habe ich aufgrund der kalten Nächte und eines fehlenden Schlafsacks (hatte nur einen Biwacksack dabei) auf weitere Übernachtungen in der Hängematte verzichtet.

Etappe 6

Bin ich bisher von sonnigen Wetter verwöhnt worden, startet meine letzte Etappe bei strömenden Regen. Da meine letzte Herberge etwas abseits des Wanderwegs liegt, sind die Besitzer von Dornröschen so nett mich mit dem Auto zum Ausgangspunkt meiner letzen 20 km zu fahren. Meine Motivation ist an diesem Morgen ein wenig im Keller, zum einem verspüre ich immer mehr Schmerzen im rechten Knie und dann kommt auch noch das schlechte Wetter dazu. So schleppe ich mich ein wenig missmutig durch offene Felder und feuchte Wälder. Erst ein kleiner Dachs, der meinen Weg kreuzt, mich kurz mustert und schnell vor lauter Schreck im dichten Wald verschwindet, zaubert mir wieder ein Lächeln ins Gesicht.

Der Weg führt mich weiter durch den dichten, leicht nebelverhangenen Wald und dass es auch bei uns gefährliche Tiere gibt, zeigt mir ein Warnschild am Wegesrand. Keine Jaguare, giftige Schlangen oder Spinnen sondern Zecken. Diese fürchten Wanderer und Outdoorer, die viel draußen unterwegs sind, am meisten. Geht mir ähnlich, da ich aber auf meiner letzten Etappe unterwegs bin und nicht mehr durch das Gebüsch kriechen muss, kann ich das Schild gewissenhaft ignorieren.

Langsam verlasse ich wieder den Wald und wandere, bei mittlerweile aufkommendem Sonnenschein, durch wunderschöne Feld- und Flurwege. In der Ferne erblicke ich dann das Ziel meiner langen Wanderung, die Stadt Michelstadt. Obwohl ich ziemlich erschöpft bin und mein rechtes Bein bei jedem Schritt schmerzt, kommt so etwas wie Wehmut in mir auf. Eine Stunde später stehe ich an der Wandertafel in Michelstadt und bin glücklich, die knapp 180 km geschafft zu haben.

Fazit

Der Weg besticht vor allem durch seine vielen herrlichen Aussichten, seinen landschaftlichen und kulturellen Sehenswürdigkeiten und durch einsame Waldwege. Insgesamt läuft man auf dem Alemannenweg 144 km, aber es lohnen immer wieder Abstecher zu kleinen Dörfern, Burgen und Aussichtspunkten abseits des Hauptweges. Ich kam dadurch auf insgesamt 180 Wanderkilometer. Auch der Genusswanderer kommt hier voll auf seine Kosten, denn kleine Cafés und Restaurants bieten regionale Köstlichkeiten an. Was mir persönlich nicht so gefallen hat, war die Wegbeschaffenheit. Vor allem auf den letzten drei Etappen geht es viel über nervende Schotter- und Geröllwege, die mir zum Teil ein wenig den Spaß am Wandern nahmen. Insgesamt ist dieser Panoramaweg im Odenwald aber sehr zu empfehlen.

Übernachtung-Tipps

(unbezahlte Werbung)

Am liebsten schlafe ich bei meinen Touren über mehrere Tage so oft wie möglich in der Natur. Den Luxus einer Übernachtung in einer schönen Unterkunft gönne ich mir aber immer wieder gerne. Auf dem Alemannenweg gibt es viele schöne Gasthöfe und Hotels für Wanderer. Die von mir auf dieser Tour ausgewählten Unterkünfte möchte ich hier kurz vorstellen.

Etappe 1: Hängematte im Wald

Übernachtungen im Wald sind immer ein besonderes Highlight was ich jedem nur empfehlen kann. Ob Hängematte, Zelt, oder einfach biwakieren auf dem Waldboden, eine Nacht in der Natur ist etwas Wunderbares. Bitte beachtet dabei die örtlichen Bestimmungen und übernachtet nie in einem Naturschutzgebiet ohne Genehmigung.

Meine zweite Nacht verbrachte ich im Hotel Kuralpe Kreuzhof. Das Hotel liegt direkt am Wanderweg, idyllisch umgeben von Wald, Feldern und Wiesen und nur einen knappen Kilometer entfernt vom Lautertal mit Felsenmeer. Gutes Essen, ein schönes Zimmer und sehr viel Ruhe. Der perfekte Ort nach einem anstrengenden Wandertag.

www.kuralpe.de

Jetzt wird es für meinen Geschmack schon ein wenig zu luxuriös, aber dieses Schnäppchen (Tages Top-Preis) wollte ich mir nicht entgehen lassen. Belohnt wurde ich mit einem sehr leckeren Buffet (wenn auch nur die Reste, da ich zu spät dran war) und einem tollen Zimmer. Lohnt sich auch mal für einen Wochenend-Trip um Seeheim und Umgebung zu erkunden.

www.lh-seeheim.de

Etappe 4: Landgasthof Brunnenwirt

Da ich mittlerweile Gefallen am guten Essen und den Unterkünften auf dieser Tour bekommen habe, quartierte ich mich auf Etappe 3 im Landgasthof Brunnenwirt ein. Am Abend sitze ich gemütlich auf der Terrasse und genieße mein kühles Bier und das leckere Schnitzel. Auch mein Zimmer ist sehr gemütlich eingerichtet und ich falle sehr schnell in einen tiefen Schlaf.

www.brunnenwirt.de

Etappe 5: Gasthof Dornröschen

Das familiär geführte Gasthof Dornröschen liegt etwas abseits vom Weg, lohnt aber alleine schon wegen der sehr ruhigen Lage und wunderschönen Umgebung. Obwohl ich an diesem Abend der einzige Gast war, wurde mir so spät noch ein leckeres Abendessen serviert. Am nächsten Morgen wurde ich von den sehr netten Gastgebern mit dem Auto zum Startpunkt meines Weges gebracht.

www.dornroeschen-annelsbach.de