Rundweg um Carrapateira

Nach der Hitzeschlacht am Rocha la Pena, entscheide ich mich für meine nächste Wanderung ein wettertechnisch angenehmeres Ziel auszusuchen.

Mein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Costa Vicentina. Europas südwestlichster Winkel ist ein atemberaubender Küstenstreifen, wild, spröde, voller einsamer Strände und einzigartiger Flora und Fauna.

Entlang der Küste verläuft mit der Rota Vincentina ein 450 km langer Fernwanderweg, wobei etwa 75 km davon auf den Fischerpfad entfallen. Wem wie mir, leider die Zeit fehlte den kompletten Weg zu laufen, hat die Möglichkeit auf 5 ergänzenden Teilstücken (Rundwege) diese herrliche Landschaft zu erkunden.

Ich entscheide mich für den „Circuito Pontal da Carrapateira“, einem 10 km langen Rundweg bis hin zu den bei Surfern beliebten Strand von Amado.

Die Wettervorhersage für meinen Wandertag ist optimal. 22 Grad und leichte Bewölkung, auch wenn ich das noch nicht so recht glauben mochte, denn die Temperaturanzeige meines Autos zeigt schon jetzt um 9 Uhr morgens 28 Grad an. Je mehr ich mich allerdings der Küste näher, desto frischer wird es.

Als ich in Carrapateira aus meinem Auto steige kam ich mir eher vor wie an der Küste Cornwalls im Sommer. Ein feuchter Dunst liegt über dem kleinen Dorf und zieht sich entlang des gesamten Küstenstreifens, bei für portugiesische Verhältnisse frischen 20 Grad. Startpunkt der Tour soll laut der Beschreibung am zentralen Platz mit der Gitarren-Skulptur sein. Das kleine Dorf hat knapp 160 Einwohner, einige kleine Kaffees und Läden, aber eine Gitarren-Skulptur bzw. eine Wandermarkierung suche ich vergeblich.

Ferienhaus am Weg

So lief ich zuerst durch die kleinen Gassen leicht bergan, vorbei am kleinen Meeres- und Heimatmuseum, um dann von einem recht lästigen und mich bellend begleitenden Dorfbewohner begrüßt zu werden. Nach weiteren 100 Metern wurde mir allerdings klar, dass ich komplett falsch unterwegs war und dem Hund das es bei mir nichts zu holen gab. So machte ich mich wieder zurück zum Dorfplatz und der kleine Kläffer verschwand Richtung nächstem Hauseingang.

Ich überquerte nun die Hauptstraße und traf dabei rein zufällig auf die grün-blau gestreifte Markierung der „Rota Vincentina“. Dieser folgte ich und erreichte wie in der Tourenbeschreibung erwähnt eine kleine Windmühle. Ich war also richtig unterwegs und folgte nun immer den Markierungen der „Rota“.

Der Weg führte mich auf sandigen Pfaden durch ein einzigartige Dünenlandschaft bis hin zum Ribeira (Flussufer) da Bordeira. Dem Flussufer folgend ging es entlang eines felsigen Steilhanges mit fantastischem Blick auf den riesigen, aber fast menschenleeren Sandstrand von Bordeira. Zum Baden etwas zu kühl, aber für mich persönlich bestes Wanderwetter. Als sich dann nach weiteren 2 Kilometern auch die Sonne durch das grau des Himmels hindurchkämpfte, war es nahezu perfekt.

Menschenleerer Sandstrand von Bordeira

 

Was nun auf den nächsten knapp 6 km folgte, zählte bis dato mit zu meinen schönsten Wanderabschnitten entlang eines Küstenstreifens. Immer den Atlantik im Blick gab es zahlreiche wunderbare Aussichtspunkte mit einsamen Plätzen, die zu einer ausgedehnten Mittagspause einluden.

Auf einem kleinen Felsvorsprung hoch oben der Klippen schnupperte ich die salzige Meeresluft und genoss die Flugakrobatik der am Himmel dahingleitenden Möwen.

Es sind genau diese Naturerlebnisse, die mich immer wieder dazu bewegen hinaus in die Welt zu ziehen. Der Anblick der tosenden Brandung des Atlantiks, das Rascheln der Bäume in unseren heimischen Wäldern, oder das Lauschen singender Vögel an einem einsamen See, all dies erlebt nur, wer draußen unterwegs ist und nicht sitzend auf seinem heimischen Sofa.

Mein Schwiegervater ist der Meinung die Welt schon zu kennen, dank der vielen Reise- und Naturdokumentationen im Fernsehen. Ja, man sieht tolle Bilder und lernt einiges über fremde Länder und Kulturen, aber Natur muss man mit allen Sinnen erleben, die kälte im Gesicht spüren bei Wanderungen im Winter, die Geräusche des Waldes bewusst war nehmen und einfach mal etwas Erde und Blätter in die Hand nehmen und den Duft der Natur riechen.

Der schottische Naturforscher und Philosoph John Muir brachte es auf den Punkt. „Bei jedem Spaziergang durch die Natur erhält man viel mehr als man gesucht hat“

Cypressenwacholder

Auch ich machte mich nun weiter auf die Suche nach diesen Schönheiten der Natur und fand immer wieder herausragende Aussichten auf bizarre Felsnadeln, Höhlen und Durchgänge. Wacholder, Algarve-Ginster und Mastixsträucher, auch wilde Pistazie genannt, begleiteten mich auf meinem weiteren Weg zu einem der Hot-Spots der Süd-Westküste Portugals, dem Sandstrand von Amado. Schon aus der Ferne beobachtet man die vielen Surfer, die sich in den schäumenden Atlantik stürzen.

Auf den vielen Parkplätzen entlang des Strandabschnittes standen Wohnmobile in bunten Farben und Hippie Flair liegt in der Luft. Man philosophiert über die beste Welle, den neusten Surfer Tratsch, oder klimpert auf seiner Gitarre herum, während in der Ferne die Profi-Surfer über die Wellen gleiten.

Ich verabschiedete mich von dieser heilen Surfer Welt und verließ etwas wehmütig den Küstenabschnitt, denn nun führte der Weg durch eine sanft gewellte Dünenlandschaft weg vom Meer in Richtung Carrapateira. Die letzten Kilometer führen mich durch eine karge, aber faszinierend, mediterrane Vegetation zurück zum Ausgangspunkt meiner Wanderung.

Mein Fazit

Wenn man mich nach meinen schönsten Wanderungen fragen würde, die ich bisher unternommen habe, dann zählt diese definitiv dazu. Touren oberhalb von Klippen und Felsen gehörten schon immer zu meinen Favoriten. Diese Wanderung zeichnet sich vor allem durch seine Einfachheit und Abwechslung aus. Man bewegt sich während den gesamten 10 km auf fast durchgehend festen Wegen und kleine Abstecher führen immer wieder zu herausragenden Aussichtspunkten. Die beiden großen Strandabschnitte laden zum Verweilen ein. Wem ein Bad im kühlen Atlantik abschreckt, der genießt halt einfach einen kühlen Drink an den Strandbars und genießt die wuselige Surfer-Welt.